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Microsoft Office Online offenbar gut mit Screenreadern zugänglich

Microsoft hat ja schon länger eine Office-version, die über das Web funktioniert. Also eine sog. Cloud-Anwendung. Frühere Versuche einen solchen dienst mit NVDA & Co. zu nutzen waren immer recht kläglich gescheitert – zumindest als ich das mal probiert habe. Auch www.projectplace.de war überhaupt nicht zugänglich – letztlich ist das auch eine Webanwendung zur Bearbeitung von projektdokumenten.

Auf http://www.blind-geek-zone.net/ wurde nun in einem audiobeitrag Microsofts Onedrive http://www.onedrive.live.com vorgestellt. Die Bedienung erfolgt eigentlich wie bei einer normalen Webseite bzw. Webanwendung – man wählt menüs, Schalter etc. Im Fall von Onedrive macht der autor sich die Umschaltmöglichkeit von NVDA zwischen Brows mode (dort kann man mit h zu einer Überschrift springen etc.) und dem focus mode (dann werden alle Tasten an die Anwendung durchgereicht) zunutze. Durch das Umschalten, kann man dabei Auswahlen etc. bewusst an Onedrive weitergeben.

Bislang habe ich nur einen kurzen Test gemacht. Die Ergebnisse finde ich erstaunlich:
* Das Eingeben von Text in Word Online ist wie in einem normalen Mehrzeiligen Textfeld. Allerdings reagiert Word im Web etwas träger und es wird Absatz bearbeitbar vorgelesen, wenn man mit den Pfeiltasten rauf und runter geht.
* Das nachträgliche Kursivsetzen eines Textbereichs war intuitiv möglich – Text markieren, Focus mode verlassen und den Schalter für kursiv suchen. Das Ergebnis kann anschließend mit NVDA überprüft werden, in dem man die Schriftinformationen auf dem Text abruft (NVDA+f).
* Eine Rechtschreibprüfung konnte ich durchführen. Allerdings habe ich nicht klar überblicken können, welches Wort genau gemeint war und welche Vorschläge gemacht wurden. Aber das mag an meiner mangelnden Erfharung mit Word Online zusammenhängen – es war eben der allererste Versuch.
* In Excel werden die Texte zusammen mit den Zellen ähnlich vorgelesen, wie im klassischen Excel – allerdings auch hier verzögert. Ein detaillierter Test steht allerdings noch aus.

Auch wenn ich nur an der oberfläche gekrazt habe, kann man wohl sagen, dass Onedrive eine wirklich nutzbare Onlineversion von Office für Screenreadernutzer ist. ich habe NVDA verwendet, aber andere Screenreader, die die entspr. Zugänglichkeitsstandards einhalten – eine Umschaltung zwischen Browsen und Fokus bieten sie hoffentlich an.

Es ist schön, das Microsoft hier ohne langes Ringen mit Selbsthilfeverbänden etc. eine zugängliche Version für Screenreader erstellt hat. Das ist weit mehr, als man oft anderen Anbietern bei Anwendungen abringen kann. Auch wenn nicht alles leicht bedienbar und reibungslos ist, so ist die technische Machbarkeit doch gezeigt. Rausreden kann sich also nun keiner mehr.

NVDA bläst zum Sturm auf Ofice

Es ist noch nicht lange her, als ich in einem Artikel für die “Gegenwart” über NVDA berichtet hatte. Damals war klar, dass NVDA den anderen Screenreadern im Bereich Microsoft Office unterlegen war. Für viele Anwender war das sicher ein Grund bei ihrem bisherigen Screenreader zu bleiben.

Nun ist der erste Release Candidate von NVDA 2014.3 veröffentlicht worden. Die Liste der Neuerungen enthält fast ausschließelich Verbesserunen für Microsoft Office. Damit dürfte der Vorsprung der Konkurrenten wie JAWS und Kobra weiter dahin schmelzen.

Hier ist der Link zur Testseite von NVDA. Von dort kann man sowohl die Neuerungen einsehen als auch den Release Candidate herunterladen.

Erwägen Sie bitte auch eine Spende für dieses großartige und freie Projekt, denn es wäre sehr ärgerlich, wenn die Weiterentwicklung an der Finanzierung scheitern würde.

Hier nun der Link:
http://community.nvda-project.org/wiki/Test

Neuer Trend Weboffice

Der neue Trend Weboffice wirft seine Schatten voraus

Die letzte Ausgabe der C’T stellt eine Reihe von Officelösungen vor, bei denen man gemeinsam an Dokumenten über das Internet oder ein Intranet einer Firma arbeiten kann. Um zu einem papierlosen Büro zu gelangen, braucht es ein gutes Dokumentenmanagement. Hierbei muss u.a. geregelt werden, wer wann welches Dokument sehen und wie bearbeiten darf. Die zentrale Ablage von Dokumenten hat viele Vorteile – wer hat nicht schon einmal eine veraltete Version verwendet? Aber diese Zusammenarbeit wirft auch viele Probleme auf.

Gemeinsames Arbeiten über das Web

Es ist nun wirklich ein alter Hut, dass ein ganzes Team an einem Projekt, Buch oder was auch immer arbeitet. Meistens dadurch, dass einem Mitglied ein bestimmter Teil zugewiesen wird, werden Konflikte vermieden. Selbst in der Softwareentwicklung ist das gemeinsame Arbeiten an einer Quelldatei bzw. an einer´Methode sehr selten und i.d.R. Hinweis auf eine schlechte Abstimmung. Aber Officedokumente sind keine Sammlung von Textdateien, wie sie in Softwareprojekten anzufinden sind. Man kann sie nur mit speziellen Programmen ansehen und darüber bearbeiten. Sie bestehen aus großen Dateien. Das Versions- und Konfliktmanagement müssen also vollständig von der Software zur Anzeige der Dokumente abgeleistet werden.

Entgegen zu parallelen Änderungen an Quellcode wird hier also simultan an einer Datei gearbeitet. Die Anwendung muss entscheiden, welche Teile eines Dokuments als atomar gelten – was darf immer nur ein Anwender gleichzeitig bearbeiten und welche semantischen Zusammenhänge zwischen ihnen gelten. Bearbeitet z.B. ein Anwender ein Kapitel einer wissenschaftlichen Abhandlung, so wird er auch das Inhalts- und Literaturverzeichnis aktualisieren müssen. außerdem wird es zu bestimmten Phasen eines Dokuments notwendig sein, den Umfang von Änderungen zu beschränken. Ein Korrekturleser darf z.B. nur einzelne Wörter ändern oder einen Satzbau korrigieren, während er keine Absätze einfügen oder löschen darf. Außerdem finden die Änderungen in Echtzeit statt und nicht wie bei der Versionsverwaltung wie SVN transaktionsorientiert.

Ist so etwas für Anwender wirklich praktikabel?

Wer einmal ein paar Branches in einer Versionsverwaltung wie SVN verwaltet hat, weiß, dass konflikte und parallele Änderungen, auch bei einem wirklich guten Versionskontrollsystem wie SVN, Arbeit und Zeit bedeuten. Das gilt um so mehr, als die o.g. Situation deutlich komplexer ist und in echtzeit stattfindet – bei SVN finden die Konflikte zum Zeitpunkt des Eincheckens statt. Es muss also darum gehen, Konflikte schon von vornherein zu minimieren und falls notwendig die beteiligten entspr. zu schulen. Eine Sekretärin wird sicher schnell damit überfordert, mehrere Versionsstände im Auge zu behalten und die relevanten Änderungen zusammenzuschieben. Damit bleibt die Frage: Ist das Zusammenarbeiten an einem Dokument wirklich praktikabel, selbst wenn es technisch machbar ist?

Zugänglichkeit für blinde Menschen

Zu allem Überfluss kommt nun für blinde Menschen, die einen Screenreader benutzen, eine weitere Komplexitätsstufe hinzu. Es ist noch nicht klar, ob Techniken wie ARIA etc. ausreichend sind, um weboffice-Anwendungen hinreichend zugänglich zu machen. Im Endeffekt könnte es um viele Arbeitsplätze von blinden Menschen gehen, weil viele in Büros größerer Firmen und Behörden arbeiten. Falls nun das gesamte Office auf eine Webversion umgestellt wird, müssen mehrere Dinge gleichzeitig gelöst werden:

  • Die Officefunktionen, die über Webbrowser bereitgestellt werden, müssen zugänglich sein. Das bedeutet das Abgreifen von bestimmten Informationen über einzelne Teile eines Dokuments (Zellen einer Tabelle oder Folien einer Präsentation)
  • Erarbeiten eines Konzepts, wie konkurrierende Änderungen und verschiedene Versionen eines Dokuments dargestellt werden können – alleine farbige Darstellungen sind schon für sehende Menschen komplex.
  • Anpassen der Zugänglichkeit an die verschiedenen Webtechniken, die bei den Anwendungen zum Einsatz kommen – Flash, Javascript etc.

Entwicklern von Screenreadern steht also nach wie vor viel Arbeit ins Haus. Da wäre es gut, wenn einige der vielen Bugs in verbreiteten Screenreadern schnell behoben würden.