Es ist vollbracht. An meinem privaten PC hüpft quasi nur noch das Känguru [[http://www.nvda-project.org | NVDA]]. Der Hai beißt nicht mehr recht.
Und auch an meinem Arbeitsplatz in der Firma wird der Hai allmählich zum Ersatzspieler.
== Hintergrund ==
Ich bin eigentlich ein echter JAWS-Poweruser. Während meiner Arbeit als Softwareentwickler verwende ich diesen kommerziellen Screenreader den ganzen Tag. Ich kenne alle Befehle, die ich im Alltag brauche, habe ein paar winzige Skripte hingefummelt und habe einige Anwendungen, die einem Screenreader alles abverlangen. Also gibt es doch keinen Grund fremdzugehen? Trotzdem werde ich dem Hai Stück für Stück untreu. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass es mehr als nur ein kleiner Ausflug wird.
Mit diesem Artikel möchte ich andere JAWS-Bemnutzer dazu ermutigen sich intensiver mit NVDA zu beschäftigen und die eigenen Möglichkeiten auszuloten. Doch beginnen wir erstmal am Anfang.
== Die Chronik ==
Alles begann damit, dass ich Software mit dem QT-Framework entwickeln musste bzw. durfte. QT ist plattformübergreifend und verwendet deshalb keine sog. nativen win32-Steuerelemente. Anders gesagt, um Anwendungen mit dem QT-Framework nutzen zu können, braucht es einen Screenreader, der auf die offiziellen Schnittstellen MSAA bzw. IAccessible2 hört. Die Verwendung der nativen Win32-API ist bei solchen Frameworks sinnlos, weil sie alle Oberflächenelemente selbst zeichnen. Ooops machte da der Hai – er konnte nicht mal eine simple Meldungsbox vorlesen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das NVDA-Känguru als zweiter Screenreader geduldig auf dem PC sein darsein gefristet und schwups – der las denn auch anstandslos die Meldungsbox. Also den Hai für alles normale und das Känguru für QT? Außerdem war NVDA immer zur Stelle, wenn sich JAWS mal wieder aufgehängt hatte und beendet werden musste. Eine Weile war es so und damit konnte ich die Arbeit fortführen. Damit nicht genug war es ein leichtes für meine Kollegen mit NVDA die Stellen unserer Anwendung anzupassen, wo dieser Reader noch hakte. Ein Screenreader, der sich für Entwickler wie ein kleines Hilfswerkzeug anfühlt, die Sprachausgabe auf Wunsch auf dem Schirm anzeigt, ist für viele Entwickler Motivation und Hilfe genug. Am Ende war unsere Anwendung zur Eingabe von Testfällen und Bewertung so weit angepasst, dass ein produktives Arbeiten mit NVDA damit möglich war. Das beinhaltete auch das Navigieren in Tabellen und zwischen verschiedenen Fenstern.
Ich verwende bei mir zuhause noch eine veraltete JAWS-Version, obwohl ich die entspr. Lizenz zur Verfügung hätte. Das letzte Update des gefräßigen meeresbewohners steckt mir noch in den Knochen. Jedesmal muss ich um den Treiber für mein Papenmeier Trio bangen, brauche eine Weile bis die Einstellungen umgezogen sind – und jedesmal muss ich die Brailezeile erneut auswählen. Ein Blick in die Neuigkeiten für eine neue JAWS-Version zeigen, dass es viele neue Funktionen gibt, deren Nützlichkeit ich teilweise nicht nachvollziehen kann und vor allem, dass Fehler in der Software verbleiben. Um es kurz zu machen, ich vermeide ein JAWS-Update wo immer ich kann und ich glaube nicht, dass Probleme mit einer neuen Version wirklich besser werden. Ich will nicht behaupten, dass ein JAWS-Update nicht problemlos möglich wäre, aber es bereitet mir großes Kopfzerbrechen und es gibt kaum Funktionen, auf die ich mich freuen könnte.
Ich verwende Outlook 2010 für meine E-Mails und JAWS 11 verreckt regelmäßig, wenn ich nur eine Mail mit Escape schließe. Resigniert über ein sicher erfolgloses Update bekommt wieder einmal das Känguru die Chance – und nutzt sie.
Mittlerweile lese ich mit NVDA meine Mails, lese und kommentiere Statusmeldungen auf Facebook, verkaufe Gegenstände bei Ebay, erstelle Blog-Artikel, und versuche immer mehr auf den Hai zu verzichten. Damit nicht genug kann ich mittlerweile fast alle notwendigen Anwendungen an meinem Arbeitsplatz mitNVDA nutzen, sodass ein ernsthaftes produktives Arbeiten als Softwareentwickler mit Visualstudio 2008 möglich ist. Einziger Nachteil ist, dass ich meine private Papenmeier Braillezeile nicht nutzen kann. Wieso? Während NVDA selbst Zeilen der Firma Hedo unterstützt, gibt es immer noch keinen Treiber für die Papenmeier-Zeilen. Die Lösung mit BRLTTY, die gerne dafür genannt wird, beißt sich mit dem Treiber von JAWS und lastet das System vollständig aus. Es spricht für sich, dass einer der größten deutschen Hardwarehersteller keinen NVDA-Treiber anbietet. Wie auch immer, dieser Nachteil geht nicht auf Kosten von NVDA. Außerdem konnte ich mit NVDA weitgehend einen Elterngeldantrag von [[http://www.elterngeld.de/pages/elterngeld.html]] ausfüllen. Hier sind lediglich die Kontrollkästchnen nicht immer klar mit ihrem Status erkennbar. Das ist sicher ein gravierendes Problem, aber für mich zählt, dass ich die Eingabefelder lesen und editieren konnte und alle Elemente gut lesbar waren.
Nachdem ich so ganz gut zurecht kam, stellte ich gleichzeitig fest, dass ich immer versucht habe, mit dem JAWS-Cursor unter NVDA die Oberfläche zu erkunden. Nachdem ich mittlerweile großes vertrauen in den freien Screenreader gewonnen hatte, war es also an der Zeit mich mit der Bedienphilosopieh näher auseinanderzusetzen. Eine gründliche Studie des deutschsprachigen Handbuchs brachte mich dem Ziel um einiges näher. Für alle Mitumsteiger hier die Unterschiede, bzw. wie man unter NVDA zurecht kommt.
# NVDA hält sich ähnlich wie Voice Over (das ist der Screenreader von Aple) strikt an die Hierarchie, die eine Anwendung vorgibt. Anstatt mit dem Jaws-Cursor das gesamte
Anwendungsfenster zu lesen und ggf. irgendwo zu klicken, navigiert man bei NVDA mit NVDA-Taste und den Ziffern des Nummernblocks durch die Objekthierarchie. Der Hai kann das auch – Homerow hieß das mal und war eigentlich nur als Werkzeug zur Skriptentwicklung bzw. Anwendungserkundung gedacht. NVDA hingegen hat dieses Werkzeug immer an der aktuellen Position. NVDA sagt also: suche zuerst das Objekt, mit dem du etwas anfangen – vielleicht auch nur es lesen möchtest und interagiere mit ihm.
Diese Form der Navigation kann dadurch unterstützt werden, indem Entwickler konsequent alle Steuerelemente (auch Groupboxen) mit Zugänglichkeitsattributen ausrüsten. Hier erhält der Anwender schnell die Information in welchem Bereich er sich gerade befindet.
NVDA beherrscht etwas ähnliches wie dem JAWS-Cursor. Das nennt sich Screen-Review-Modus und wird mit Nvda+Num7 ein- und ausgeschaltet. Diese Navigationsform ist dann sinnvoll, wenn die Objekthierarchie nicht zum gewünschten erfolg führt oder die optische Anordnung innerhalb der Anwendung wichtig ist.
# Unter NVDA kann man jeder zeit mit den Tasten des Nummernblocks Zeilenweise, wortweise oder Zeichenweise im aktuellen Objekt navigieren. NVDA kennt dabei nicht die seltsamen Beschränkungsmodi, die man unter JAWS für den JAWS-Cursor auswählen kann. Der Lesebereich ist strikt auf das aktuelle Navigator-Objekt beschränkt – für alles andere braucht man den Screen-Review-Modus.
# Häufig ist es unter NVDA ausreichend, auf einem gewünschten Objekt die Eingabetaste des Nummernblocks zu drücken, um es zu aktivieren. Wenn Sie z.B. einen Link in einer Mail haben, brauchen sie weder Cursorrouting noch Klicks ausführen – navigieren sie mit dem Nummernblock oder mit den cursortasten auf den Link, und aktivieren ihn mit der Eingabetaste des Nummernblocks. Apropos cursorrouting: Dies wird unter NVDA auch unterstützt, reagiert aber manchmal etwas anders als von JAWS gewohnt. Unter dem Hai ist das Cursorrouting ein Klick an die passende Stelle in der Anwendung. Unter NVDA wird für das Objekt, in dem das Routing ausgeführt wird, die Standardaktion ausgeführt. Das muss nicht immer ein Klick sein. Beim Bearbeiten von Texten ist dies kein Unterschied, aber wenn man z.B. in Visualstudio ein Fenster durch einen Klick aktivieren möchte, funktioniert Cursorrouting nicht. Es handelt sich eben um eine andere herangehensweise.
# Mit Nvda+Num/ zieht man die Maus zum Navigator-Objekt und kann dann mit Num/ einen Linksklick ausführen. Dies hat bei mir allerdings manchmal nicht zuverlässig funktioniert.
# NVDA kennt keinen Grafikbezeichner. Stattdessen liest er schlicht den Tooltip vor, wenn man sich durch die Objekthierarchie auf ein Werkzeug einer Symbolleiste bewegt. anstatt also auf dem Schirm nach dem Symbol zu suchen, verwenden sie die Objektnavigation zur Navigation zur Symbolleiste bzw. zum Werkzeug, dass sie anklicken möchten und aktivieren es mit Num-Eingabe. Das ist am Anfang vielleicht etwas umständlich, aber schon bald kennt man die Struktur der Anwendung und kann schnell navigieren.
# Die Navigation mit dem Navigator ist einfach zu merken: Die Tasten links, rechts, oben und unten zur Fünf also 4, 6, 8 und 2 Navigieren eben links, rechts, nach oben und zum ersten Kind im Objektbaum. Dazu muss jeweils die NVDA-Taste gedrückt werden. Das klingt Theoretisch, aber wenn Sie es z.B. im Explorer ausprobieren, wird schnell klar, wie es funktioniert. Bleibt noch anzumerken, dass die Objektstruktur der Anwendung oft nichts mit der Anordnung der Objekte auf dem Schirm zu tun hat. Eine Auflistung der Navigations-Tastenkombinationen erspare ich mir hier – das ist bereits im Handbuch und der Kurztastenreferenz so wie in der Tastaturhilfe geschehen. Die Tasten des Nummernblocks ohne NVDA-Taste lesen übrigens den Text Zeilen- Wort- oder Zeichenweise je nach Reihe des Blocks.
# NVDA verfolgt auf Wunsch die Maus, gibt ihre Koordinaten akustisch aus und man kann steuern, welche Informationen über ein Objekt vorgelesen werden, wenn man mit der Maus darüber fährt.
# Viele Fortschrittsbalken wird NVDA auf Wunsch akustisch verfolgen – unter Jaws kennt man so etwas nicht.
# Auf Webseiten muss man eingebettete Objekte wie Flash-Filme zunächst z.B. mit der Leertaste aktivieren. Fortan ist man in diesem Objekt “gefangen” und kann zwischen den Schaltern etc. navigieren. Zum Verlassen des objekts drückt man Strg+NVDA+Leertaste. Das klingt konsequent und führt aus meiner Sicht zu einer besseren Zugänglichkeit der eingebetteten Objekte.
# NVDA kennt nicht das große (und für mich unübersichtliche) Arsenal an Hilfsprogrammen unter JAWS. Vielleicht ein Nachteil, aber dem steht die Programmierung über Python (siehe unten) gegenüber.
# Es gibt noch eine Reihe anderer Tastenbefehle, die ich mir noch nicht merken kann. Hier hilft das Handbuch und die Liste der Tastenkombinationen.
== Aktueller Stand und Ausblick ==
Die Installation oder Aktualisierung von NVDA dauert nicht mehr als ein paar minuten. Dabei begleiten einen die gesamte Zeit während der Installation die zuletzt eingestellten Stimmeneinstellungen. Seit Version 2012.1 beherrscht NVDA ein automatisches Aktualisieren und zwar je nach dem, ob eine Release- Beta- oder sog. Snapshotversion verwendet wird.
Während unter JAWS die Scansoft Stephi Schlaftabletten verabreicht bekommt, quasselt sie munter für NVDA. Das erlaubt endlich das Verwenden einer etwas angenehmeren Stimme. Kleinigkeit, aber selbst die getunten JAWS-Stimmen, die eingeführt wurden, weil SAPI zu lahm war, haben’s unter JAWS nicht gebracht.
Allerdings ist mir auch aufgefallen, das die Verwendung einer Handytech-Braillezeile die Performance irgendwie reduziert. Das ist nur mein ganz persönlicher Eindruck. Kleinigkeit, aber irgendwie bekommt JAWS auf der Arbeit deshalb ab und an wieder seine Chance, weil ich irgendwie nicht schnell genug arbeiten kann.
Apropos Braillezeile: Auch hier verhält es sich etwas anders als unter JAWS. NVDA verwendet eine Art strukturierten Modus (so heißt das unter JAWS) und zeigt neben der aktuellen Zeile auch Informationen der übergeordneten Fenster auf der Zeile an. Ob das so wirklich hilfreich ist, kann ich nicht beurteilen. Mir persönlich ist der Flächenmodus lieber, aber das kann man unter NVDA nicht einstellen.
Die zwei getrennten Installationspakete von NVDA wurden in einem vereinigt, was gleichzeitig für alle Sprachen lokalisiert ist. Das bedeutet: Man packt das einmal auf seinen USB-Stick und kann sich spontan entscheiden, ob man die portable Version z.B. bei einem Kumpel verwenden möchte, oder ob eine dauerhafte Installation sinnvoll ist.
Wenn mir unter JAWS etwas nicht gefällt, mache ich nicht mehr den Versuch dies irgendwo zu melden – es kommt vermutlich sowieso nicht an. Unter NVDA erstelle ich ein Ticket und wenn es wirklich wichtig ist, spende ich etwas für die Umsetzung Immerhin kann ich den Status jeder zeit einsehen, die Entwickler bekommen direkt bescheid und wenn der Fehler behoben ist, kann ich am nächsten Tag mit einem aktuellen Installer überprüfen, ob das Problem wirklich korrigiert ist. Ich behaupte nicht, dass NVDA ohne Fehler ist, aber es ist transparent und ich bin gerne bereit Fehler zu melden.
Ein Highlight von NVDA ist sicher der Plugin-Mechanismus mit denen man ähnlich wie unter JAWS spezielle Anwendungsunterstützung oder Erweiterungen für allgemeine Funktionen installieren kann. So gibt es z.B. ein Plugin um auf einem Objekt eine optische Zeichenerkennung (OCR) auszuführen. Damit zieht NVDA mit JAWS 13 gleich. Eine Seite für solche Plugins findet man unter [[http://www.stormdragon.us/nvda/]]
Ein Hindernis für die noch zögerlichen Umsteiger dürfte die etwas andere Bedienphilosophie sein. Auch die Darstellung auf der Braillezeile ist gewöhnungsbedürftig.
Während das große Rätselraten darum, ob und wann JAWS und die anderen kommerziellen Screenreader Windows 8 unterstützen werden anhält, heißt es in den News zur aktuellen Betaversion von NVDA lapidar: Support für Windows 8 Metrooberflächen. Ich weiß nicht, ob es wirklich schon funktioniert, aber dafür würde eine Mail in der Entwicklerliste reichen – es ist immerhin transparent.
Währen JAWS eine eigene Skriptsprache ohne vernünftigen Debugger verwendet, verwendet NVDA Python – jene kryptische aber mächtige Programmiersprache, die NVDA selbst gebar. Python ist verbreitet, eine interpretierte und reflexive Sprache und erlaubt eine andere Art der Programmierung. Will sagen, der Screenreader dürfte für kompetente Entwickler deutlich leichter erweiterbar sein. Apropos Entwickler: Es gibt eine Bibliothek, die man in Anwendungen einbinden kann, um direkt mit NVDA zu kommunizieren. Wer will kann also, an allen üblichen Wegen vorbei eine Anwendung programmatisch zugänglich machen. Das ist sicher nicht ganz einfach, aber wenn die verwendeten Frameworks etc. nicht die notwendige Unterstützung für Screenreader bereitstellen, kann dies ein vergleichsweise einfacher Weg sein.
Während die Lokalisierung (zumindest in früheren Versionen) von JAWS ungefähr bis zur nächsten englischen Version brauchte, wird sie unter NVDA parallel zur Entwicklung spätestens zum Release gepflegt. Und wem wirklich noch eine ausgefallene Sprache fehlt, der kann sich seine eigene Übersetzung erstellen und damit das projekt unterstützen.
Mittlerweile gehen die Anwendungen, die nur mit Screenreadern mit einem Grafiktreiber bedienbar sind stark zurück. Das ist auch gut so, denn bei der Virtualisierung von Rechnern, können diese Treiber nicht mehr korrekt installiert werden – oder es gibt Probleme dabei. Konkret muss ich lediglich mit einem Zeiterfassungsprogramm arbeiten, dass von JAWS besser vorgelesen wird als von NVDA.
Der Vorsprung des Marktführers JAWS ist arg zusammengeschmolzen und die Unterschiede sind nur noch für einige bestimmte Anwendungen am Arbeitsplatz relevant. Damit will ich nichtsagen, dass JAWS & co. überflüssig währen – Vielfalt ist immer wichtig, aber objektiv können die kommerziellen Reader den enormen Kostenaufwand immer schwerer rechtfertigen. Statt ein entspr. Update zu kaufen, sollte man überlegen, eine ähnlich hohe Spende bei NVDA zu tätigen. Legen Leute zusamen, wäre es sicher möglich, ein bestimmtes dringend benötigtes Feature umsetzen zu lassen. Und wem das nicht reicht, der kann jeder Zeit selbst Hand anlegen – allerdings braucht es einiges an Einarbeitung die komplexe Software und das Design zu versteh. Ich bedaure es sehr, dass ich nicht die Kraft habe, mich abends an der Weiterentwicklung zu beteiligen.
Nun müssen die Anwender entscheiden, welchen Weg sie gehen möchten. Vielleicht gibt es in Zukunft professionelle Schulungen für NVDA und ein Anpassungsgeschäft – was spricht dagegen, dass jemand für eine Anpassung für einen Arbeitsplatz Geld bekommt und diese im Gegenzug in das NVDA-Projekt einspeist?
== Nachtrag ==
* Mitlerweile funktioniert die Papenmeier Trio gut mit NVDA.
* Der Treiber der Zeile wird auch nicht mehr bei einem JAWS-Update beschädigt.
* Outlook 2010 kann ich zwar zu hause mit NVDA nutzen, am Arbeitsplatz friert NVDA aber bei einer geöffneten Mail ein. Woran das liegt konnte ich noch nicht ergründen. Das hält JAWS immer noch im Spiel.
* Ich musste nur deswegen von JAWS 12.0 auf JAWS 14.0 kostenpflichtig aktualisieren, weil JAWS 12.0 in einer Eingabeaufforderung unter Windows 7 keinen Pfeilrauf (die Taste) verträgt. Ich finde es eine unverschämtheit, dass solche Blocker nicht kostenfrei korrigiert werden.
Sehr schöner Artikel, vielen Dank dafür. Eine Frage in diesem Zusammenhang: wie gut ist die unterstützung für tagged PDFs unter NVDA? Was fehlt oder müsste noch erweitert oder verbessert werden?
Hallo,
deinen Beitrag hier finde ich sehr gut, da er genau das über Jaws aussagt, was ich auch denke.
Wenn man einmal die Eigentliche Entwicklung von Jaws seit V8.0 genauer unter die Lupe nimmt, so muss man leider feststellen, das man die eigentliche Kernaufgabe des Programms nur sehr ungenügend anpasst. So kann man beispielsweise seit Jaws 9.0 kaum oder (mehr schlecht als recht) mit Firefox arbeiten. Tabellen werden unleserlich dargestellt, Recordhalter bei den Abstürzen usw. Besonders ärgerlich istgerade hierbei, dass sich Mozilla sehr viel Mühe gibt, ihre Produkte Zugänglich zu Programmieren. Auch ist es mir beim besten Willen nicht klar, warum man nun noch eine 5.Bediehnebene mit dieser (Braillezeilentastatur) eingeführt hat. Und eine OCR auf einem Ohnehin schlecht arbeitenden Displaytreiber aufzuschaufeln, entziht sich auch jeder Logic. Vorallem dann, wenn man tatsächlich mal diese OCR benötigt, funktioniert sie nicht.
Als ich von 1997 bis 2000 Meine Ausbildung absolvierte, war Jaws wirklich gut, es hat es mir ermöglicht überhaupt eine Kaufmännische Ausbildung zu verwirklichen. Mittlerweile muß ich jedoch festhalten, dass dieser Status nicht mehr zutrifft.
Persönlich bin ich Mittlerweile Besitzer eines Mac-Books und dies war tatsächlich die beste Anschaffung der letzten Jahre. Ein Großteil der Arbeiten, die ich mit dem PC machen muß funktionieren. Sollte man tatsächlich Windowssoftware wie bsw. Office benötigen, so ist eine Bootcamp-Installation mit meinem lieblings Windowsscreenreader NVDA eine hervorragende Lösung. Somit kann man sich also trotz der etwas höheren Computeranschaffungskosten (200 – 400 Euro), die exorbitanten Kosten für Jaws sparen und es macht immer noch ein dickes Plus in der Kasse.
Als Kommerzielle Alternative zu Jaws kann ich nur die Supernova Access Suite empfehlen. Warum= Sie ist die einzige Kommerzielle Software in diesem Bereich, die auf den virtuellen Grafiktreiber verzichtet, also ähnlich wie NVDA oder Voiceover arbeitet. Sie könnte warscheinlich für dich als Programmierer durchaus auch infrage kommen.
Gruß
Bernd
Hi ich habe da zwei Fragen:
Welche ist die NVDA-Taste am Keyboard? Und kommt es bei der zusätzlichen Instalation von nvda zu “Kämpfen” mit dem schon instalierten Jaws 12.0 auf Windows 7=
Danke schon im Voraus,
Sebastian
Pingback: Neues von NVDA | Blind-Text
Hallo Heiko,
Auf meinem Rechner hat schon 2009 eine ähnliche Ablösung von Jaws durch nvda stattgefunden. Ich verwende hier eine Papenmeier Braillex Tiny mit Brltty und nvda und ich muss sagen, die Konstellation läuft sehr flüssig – und das sowohl unter Windows xp 32-bit als auch unter Windows 8 Release Preview 64-bit. Erstaunlicherweise gibt es im Zusammenhang mit dem Jaws-Treiber für Papenmeier-Zeilen in meinem Fall keine Probleme, wie ich durch ein Versehen erfahren musste. Ich habe hier noch eine Demo von Jaws 13.0.978 liegen, die immer dann zum Einsatz kommt, wenn NVDA par tout nicht will. Als ich also von nvda auf jaws umsteigen wollte, vergaß ich einmal, den brltty-Dienst zu beenden, trotzdem konnte Jaws die Zeile problemlos ansprechen. Das ist aber vermutlich wirklich nur ein Einzelfall; generell gilt: nur ein Bildschirmleser/Braillezeilentreiber sollte exklusiv auf die Zeile/den anschluss zugreifen, um Konflikte zu vermeiden.
Noch eine kleine Ergänzung zur Braillezeilen-Navigation: wenn die Braillezeile an den Navigator (an die Anzeige) gekoppelt wird (nvda+strg+t), kann man auch mit den Tasten für “nächste/vorige Zeile” zeilenweise durch Containerobjekte wie cmd-Fenster oder mehrzeilige Meldungsfenster wandern. Das funktioniert auch im Zusammenhang mit dem Flächenmodus.
Ich vermute, dass es in etwa 5 Jahren eine Zweiteilung hinsichtlich komerzieller Bzw. Freier Bildschirmleser geben wird: Während sich Privatleute zunehmend nvda anvertrauen (können), entweder weil sie eine ältere Braillezeile auch unter moderneren Betriebssystemen wie etwa Windows 7 oder Windows 8 64-Bit weiter betreiben wollen, oder weil nvda schlichtweg alles unterstützt, was in ihrem Alltag gebraucht wird, werden die kommerziellen Bildschirmleser ihren Stellenwert bei den beruflich eingesetzten Systemen behalten. Das hat meiner Ansicht nach auch etwas mit Vertrauen in Referenzen zu tun, auch wenn das keine Firma, die Individualsoftware einsetzt, offen zugeben würde. Bei einer Papenmeier GmbH und co. Kg oder einer Handy Tech GmbH ist die Bereitschaft für Firmen größer, mal eben ein Exemplar ihrer Software herauszugeben, damit dafür Jaws-anpassungen geschrieben werden können; so nach dem Motto: «von denen haben wir schon so viel gehört, die haben schon so viele Zeilen und Jaws-Versionen verkauft, die packen das schon…». Bei nVDA ist das schon etwas komplizierter: der Entwicklerstamm ist hier in Deutschland imho einfach noch nicht so gut aufgestellt. Das heißt, dass die Hemmschwelle für so manche deutsche Firma einfach noch zu hoch ist, mal eben ein Exemplar ihrer 2500 euro teuren Individual-Call-Center-Software nach Australien zu schicken, damit dort Anpassungen für NVDA geschrieben werden können. hinzu kommt noch der Unsicherheitsfaktor, ob denn dort unten auch genügend leute sitzen, die gut genug Deutsch können, um die anpassungen überhaupt schreiben zu können.
Ein weiterer Punkt, der mir im Zusammenhang mit NVDA regelmäßig Bauchschmerzen bereitet, ist die von mir befürchtete, immer schwieriger werdende Finanzierung von komerziellen Bildschirmlesern wie Jaws durch Kostenträger. Ich befürchte nämlich, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem sämtliche Kostenträger abblocken, wenn es darum geht, komerzielle bildschirmleser zu refinanzieren «[…] Wieso sollten wir Jaws refinanzieren, noch dazu bei der unverschämten Lizenzpolitik, die fs betreibt, es gibt doch NVDA […]»
Oder in Beamtendeutsch: «[…] Uns ist nach sorgfältiger Recherche zu Ohren gekommen, dass es neben dem von Ihnen beantragten Bildschirmleseprogramm Jaws for Windows auch noch den wesentlich günstiger zu erwerbenden Bildschirmleser NVDA der Australischen Firma NV Access gibt, der ebenfalls mit der von Ihnen beantragten Braillezeile zusammenarbeitet. Nach Durchsicht des Änderungsprotokolls von NVDA fiel uns weiterhin auf, dass NVDA – ebenso wie Jaws – mit den Zugänglichkeitsschnittstellen zusammenarbeitet, die für Ihr Einsatzgebiet in Frage kommen. aus diesen Gründen sehen wir uns nicht genötigt, den Bildschirmleser Jaws für Windows zusammen mit der von Ihnen beantragten Braillezeile zu finanzieren, wir sind jedoch bereit, die von Ihnen beantragte Braillezeile zu finanzieren. Nach Anschluss der Braillezeile an Ihren Computer können Sie sich dann den Bildschirmleser NVDA bei http://www.nvda-project.org herunterladen und auf Ihre Braillezeile einstellen.
[…]»
Versteht mich bitte nicht falsch: Ich bin wirklich froh, dass es NVDA gibt und hoffe, dass er sich weiterentwickeln möge, ich befürchte aber, dass ihm nicht-technische Steine in den Weg gelegt werden, was die Verbreitung angeht. Das könnte heißen, dass für die technischen Berater in Zukunft sehr viel mehr zu tun sein wird, wenn sie NVDA in ihre Entscheidung für einen bestimmten Bildschirmleser einrechnen sollen.
Hallo Gino,
mittlerweile werden fast alle Braillezeilen von NVDA unterstützt. Die Onlinehilfe liefert eine aktuelle Liste. Die Darstellung ist im Wesentlichen so, dass die gesprochenen Inhalte linksbündig auf der zeile dargestellt werden. Eine Unterscheidung wie in JAWS nach Flächenmodus, Strukturiert und Sprachausgabe gibt es bei NVDA nicht. Trotzdem nutzt man Abkürzungen wie KF für Kontrollkästchen, um eine kompakte Darstellung zu erreichen.
Ein Nachteil gegenüber JAWS ist mir dabei aufgefallen: Oft sind die Routing-Tasten nicht mit einem Mausklick verknüpft, sodass man den Cursor nicht zu einer Stelle im Text rufen kann. Das sollte sich aber programmatisch lösen lassen.
Hallo Heiko,
Zitat: “Apropos Entwickler: Es gibt eine Bibliothek, die man in Anwendungen einbinden kann, um direkt mit NVDA zu kommunizieren. Wer will kann also, an allen üblichen Wegen vorbei eine Anwendung programmatisch zugänglich machen.”
Das klingt gut. Wie heisst die Bibliothek? Würde mich gerne mal damit befassen.
Im Übrigen ist es bei mir so ähnlich wie von Dir geschildert: aus einer Notwendigkeit heraus zwischenzeitlich NVDA verwendet und begeistert immer mehr dabei bleibend.
Gruß
Freddi
Die Dokumentation für den NVDA controller client – allso die Bibliothek, mit der man direkt mit NVDA kommunizieren kann, befindet sich hier:
http://www.nvda-project.org/wiki/Development#NVDAAPIforexternalapplicationsNVDAControllerClient
Hallo, vielen Dank für den Bericht. Nutze seit ca. 1 jahr zu 99 % NVDA und selbst auf Arbeit gibts nichts Anderes. Eine Frage stellt sich mir noch? Wie muss ich mir die Darstellung auf der Braillezeile vorstellen? Arbeite nur mit der Sprachausgabe und überlege mir mir eine Zeile zuzulegen, was ich aber nur machen würde wenn ich NVDA behalten kann.
Die NVDA-Taste ist entweder die Enfüge-Taste oder alle, die im Bereich allgemeine Einstellungen als solche konfiguriert werden.
Es kommt nicht zu kämpfen zwischen beiden Screenreadern. Bei gleichzeitigem Betrieb kommt es allerdings zum Sprachsalat und der zuletzt gestartete Screenreader hat die Hoheit über die Tastatur. Ich wechsle am Arbeitsplatz regelmäßig die Reader.